Aus Sicht der chinesischen Medizin liegt vielen Atemwegserkrankungen ein schwaches Lungen-Qi zugrunde. Durch die verminderte Widerstandskraft kann eine Infektion nicht abgewehrt werden, so dass diese in tieferen Regionen der Atemwege Bronchien oder Lunge angreifen kann.
In diesem Stadium zeigen die Pferde deutliche Krankheitsanzeichen, sind kurzatmig und nicht mehr voll belastbar. Oft husten die Pferde und atmen schwer. In manchen Fällen läuft gelbes Sekret aus den Nüstern. Zusätzlich zur schulmedizinischen Behandlung kann der Akupunkteur das Lungen-Qi unterstützen und Einfluss auf die anderen Organsysteme nehmen. Dazu ein Beispiel aus meiner Praxis:
Carlos, ein 10-jähriges Dressurpferd, ist bis Grand Prix ausgebildet. In der letzten Zeit hatte seine Leistungsfähigkeit merklich nachgelassen, so dass sich Pferd und Reiter unglaublich anstrengen mussten, um durch eine Dressurprüfung zu kommen. Carlos gehört zu jenen Pferden, die als “immer mal hustend“ vorgestellt werden.
Die Untersuchung in einer Klinik hat sehr schlechte Blut-Gas-Werte ergeben. Eine Verschleimung der Bronchien wurde nicht festgestellt. Das Behandlungskonzept bestand aus Inhalationen und Medikamenten. Das Befinden des Pferdes verbesserte sich regelmäßig, wurde aber mit Absetzen der Therapie wieder schlecht.
Aufgrund der Verbesserung unter den Medikamenten konnte von einer guten Reaktionslage des Pferdes ausgegangen werden, d.h. das Allgemeinbefinden war so gut, dass der Organismus auf die Medikamente anspricht. Ohne diese Unterstützung war das Lungen-Qi aber nicht stark genug, um sich gegen die krankmachenden Faktoren zu wehren. Außer der Stärkung der Lungen wurden daher Niere und Milz durch Akupunktur unterstützt.
Die Behandlung fand über ein halbes Jahr alle 14 Tage statt. Nach vier Monaten hatten sich die Blut-Gas-Werte normalisiert. Da die Lungenpunkte immer noch druckempfindlich waren, wurde Carlos weiter akupunktiert. Erst nachdem es keine Symptome auf der Grundlage der TCM mehr gab wurde die Behandlung beendet.
Carlos blieb daraufhin ein Jahr lang stabil und leistungsfähig. Dann erkrankte er an einer akuten Infektion der Atemwege. Der Besitzer nahm die Krankheitsanzeichen nun ernst. Diesmal bestand das Behandlungskonzept von Beginn an aus einer Kombination von Schulmedizin und Akupunktur und Carlos war nach vier Wochen gesund. Ein Pferd mit einer Lungen-Qi Schwäche, die schon lange besteht, bleibt immer gefährdet und muss bei einer akuten Infektion sofort behandelt werden.